Klimaschutz bleibt als politisches Top-Thema auf der Agenda – auch wenn zwischenzeitlich andere Themen die Schlagzeilen dominieren. Die Vision einer klimaneutralen Energieversorgung muss deshalb weiter unser Handeln bestimmen. In Politik und Gesellschaft. Und in den Unternehmen. Auch angesichts immer häufiger auftretender Extremwetterereignisse – sagen ENTEGA-Chefin Marie-Luise Wolff und TV-Meteorologe Karsten Schwanke.
Klimaschutz bleibt als politisches Top-Thema auf der Agenda – auch wenn zwischenzeitlich andere Themen die Schlagzeilen dominieren. Die Vision einer klimaneutralen Energieversorgung muss deshalb weiter unser Handeln bestimmen. In Politik und Gesellschaft. Und in den Unternehmen. Auch angesichts immer häufiger auftretender Extremwetterereignisse – sagen ENTEGA-Chefin Marie-Luise Wolff und TV-Meteorologe Karsten Schwanke.
Die bildhafte Vorstellung einer noch fernen Zukunft vermag Menschen im Hier und Jetzt nachhaltig zu bewegen.“
Karsten Schwanke
Wir treffen uns hier in der Herzkammer der europäischen Raumfahrt, der European Space Agency in Darmstadt (ESA): Satelliten, Raketen, Hochleistungsrechner – nichts davon wäre denkbar, hätten nicht vor vielen Jahren viele Menschen die Vision vom Fliegen entwickelt oder gar ,,nach den Sternen gegriffen“. Wie wichtig sind Visionen für Sie? Als Wissenschaftsjournalist im Dienst des Klimaschutzes und als Managerin eines Energiedienstleisters?
Karsten Schwanke: Sehr wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass Visionen einer der wichtigsten Fortschrittsmotoren der Menschheit sind. Die bildhafte Vorstellung einer noch fernen Zukunft vermag Menschen im Hier und Jetzt nachhaltig zu bewegen. Das hat sich in der Geschichte immer wieder gezeigt.
Marie-Luise Wolff: Im Unternehmen ist das nicht anders. Viele fremdeln da ja mit Visionen und halten sich lieber an klare und messbare Ziele. Aber ein Ziel entfaltet nicht dieselbe Kraft wie eine Vision. Hinzu kommt: Man kann mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen. Oder auch nach jeder Zielerreichung ein neues Ziel anstreben. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet: Wo soll es insgesamt hingehen? Diese Antwort steckt in einer guten Vision. Sie ist zugleich konkret und allgemein. Bill Gates etwa formulierte sehr früh die Vision, dass in jedem Haushalt ein Computer stehen wird. Obwohl die Rechner von damals noch so groß waren wie Kleiderschränke und für Privatleute unbezahlbar. Das zeigt: Eine gute Vision inspiriert die Menschen dazu, über das Hier und Heute hinauszudenken. Und entsprechend zu handeln.
Mission Control Center: Im ESA-Zentrum in Darmstadt werden Satelliten und Raumsonden (z. B. Mars Express, Rosetta) gesteuert, täglich Bilder und Daten von der Erde verarbeitet (für Wetter, Umwelt oder Kommunikation) und Weltraumschrott überwacht – gleichzeitig entstehen visionäre Konzepte für neue Missionen und Technologien, die das Leben auf der Erde und im All voranbringen.
Ein klimafreundlicheres Leben darf kein Lifestyle-Produkt sein, das sich nur Besserverdiener leisten können.“
Marie-Luise Wolff
Karsten Schwanke: Ich denke oft darüber nach, was das für unseren Umgang mit dem wichtigsten Menschheitsproblem der Gegenwart bedeutet: dem Klimawandel. Die Visionen, die dazu im Umlauf sind, sind ja meist Schreckensszenarien. Zwar ist es wichtig, dass die Menschen den Ernst der Lage verstehen. Aber der Blick in den Abgrund lähmt eher, als zu inspirieren. Viele fühlen sich angesichts der Größe der Aufgabe überfordert und resignieren. Wir brauchen deshalb eine positive Vision, aus der wir Mut und Kraft schöpfen können, um das Ruder noch irgendwie herumzureißen. Und ich glaube, diese Vision heißt Freiheit. Wenn noch mehr Menschen als bisher verstehen, dass sie nur in einer klimatisch intakten Umwelt ein selbstbestimmtes Leben führen können, dann motiviert das möglicherweise auch jene, die sich heute noch gegen vermeintliche Zumutungen wehren. Schon jetzt zeigen ja die zunehmenden Extremwetterereignisse, dass uns künftig noch ganz andere Zumutungen bevorstehen als der Verzicht auf Fleisch oder Flugreisen.
Marie-Luise Wolff: Insofern war und ist das Wort von den „Freiheitsenergien“ als Bezeichnung für Strom aus Sonne, Wind und Wasser durchaus treffend. Ich glaube aber, dass noch etwas anderes Teil einer solchen Vision sein sollte. Nämlich das Versprechen von Fairness. Bei ENTEGA sagen wir deshalb: „Einfach klimafreundlich für alle“. Das ist unsere Vision. Sie enthält die Zusage: Wir machen den nötigen Wandel unkompliziert. Und wir machen ihn bezahlbar für alle. Ein klimafreundlicheres Leben darf ja kein Lifestyle-Produkt sein, das sich nur Besserverdiener leisten können.
Das 1,5-Grad-Ziel haben wir de facto gerissen.“
Karsten Schwanke
Aber braucht es dazu neben attraktiven Visionen nicht auch ganz einfach politisches Handwerk? Sprich: Rahmenbedingungen, die einen solchen Weg überhaupt erst möglich machen?
Marie-Luise Wolff: Genauso ist es. Und bei aller berechtigten Kritik, die man im Einzelnen haben mag, müssen wir ja schon sagen: Wir kommen doch auch in dieser Hinsicht voran. Es gibt verbindliche Klimaziele und auch zahlreiche Klima- und Umweltschutzgesetze. Strom haben wir in Deutschland im vergangenen Jahr zu fast 60 Prozent aus erneuerbaren Quellen produziert. Warum? Weil wir das politisch so auf den Weg gebracht haben. Und was vielleicht am wichtigsten ist: Die internationalen Kapitalmärkte setzen ebenfalls auf Nachhaltigkeit. Geld für Kredite wird umso teurer, je weniger nachhaltig ein Unternehmen agiert. Das halte ich für einen sehr wirksamen Hebel.
Karsten Schwanke: Das stimmt. Wir müssten aber deutlich schneller werden. Das Klima wartet ja nicht auf uns. Im Gegenteil: Alle Berechnungen vom Anstieg der Meeresspiegel über den mittleren Temperaturanstieg bis hin zur Polkappenschmelze bestätigen eher die pessimistischen als die optimistischen Prognosen. Das 1,5-Grad-Ziel haben wir de facto gerissen und können schon froh sein, wenn wir eine Begrenzung auf zwei Grad schaffen. Aber selbst dafür müssten wir in wenigen Jahren radikal umsteuern. Und das geht nur, wenn die politischen Weichen richtig gestellt werden. Zum Beispiel durch die überfällige Einführung eines CO₂-Preises. Im großen Stil hilft uns nicht der gute Wille einzelner. Die meisten Menschen ändern ihr Verhalten eher, wenn es sich für sie rechnet.
Marie-Luise Wolff: Allerdings können wir auch nicht einfach nur klimaschädliche Produkte und Energieformen verteuern. Wir müssen dann auch gute Alternativen bereitstellen. Bezahlbare E-Autos und ausreichend Ladestationen mit grünem Strom, wenn man vom Verbrenner wegwill. Erschwingliche Wärmepumpen, wenn man Öl und Erdgas ersetzen will. Und einen funktionierenden ÖPNV auch auf dem Land, wenn man die Verkehrswende schaffen möchte. Die Menschen wählen dann immer häufiger die bessere Alternative – ganz ohne Zwang. Man sieht das auch in anderen Ländern. In Japan zum Beispiel, wo man rechtzeitig, konsequent und kontinuierlich in Eisenbahnen und Metrolinien investiert hat, nutzen viel mehr Menschen diese Angebote.
Weltweit gesehen müssten ungefähr neunmal mehr Mittel in den Klimaschutz fließen als heute.“
Karsten Schwanke
Aber bleibt es nicht dabei, dass die Zeit für all das sehr knapp ist und dass durch den Krieg in der Ukraine jetzt obendrein noch andere finanzielle Prioritäten gesetzt werden?
Marie-Luise Wolff: Tatsächlich wird es dadurch nicht gerade einfacher. Trotzdem bleibt die Vision der Klimaneutralität richtig. Sie wird auch nicht unrealistisch. Selbst wenn es jetzt länger dauert.
Karsten Schwanke: Und wir haben ja außerdem auch gesehen, dass durchaus nicht alles immer lange dauern muss. Das erste Deutschlandticket haben wir sehr schnell auf den Weg gebracht. Weil dafür gar keine Infrastruktur-Hardware geändert werden musste – nur die Spielregel. Ich bin sicher: So etwas würde auch europaweit funktionieren, und wir könnten ziemlich schnell einen großen Fortschritt bei der Verkehrswende erzielen, wenn das politisch gewollt wäre.
Und wenn der Staat das Geld für entsprechende Subventionen ausgeben würde?
Karsten Schwanke: Ja, weltweit gesehen müssten ungefähr neunmal mehr Mittel in den Klimaschutz fließen als heute. Aber Fakt ist auch: Bisher subventionieren wir fossile Energien in großem Umfang. Direkt und indirekt. Von kostenfreien Emissionszertifikaten bis zur Pendlerpauschale. Diese Mittel könnte man umleiten in klimafreundliche Kanäle. Zum anderen zeigt doch das Beispiel China, wie es geht: Nirgendwo auf der Welt entstehen Solaranlagen schneller und in höherer Stückzahl. Chinesische Autohersteller, die es noch vor einigen Jahren gar nicht gab, erobern jetzt mit günstigen E-Autos auch den Markt bei uns. Oder nehmen Sie Pakistan: Strom kommt dort mittlerweile zu 30 Prozent aus Photovoltaik – ganz ohne staatliche Programme, allein deshalb, weil es für die Menschen die verlässlichste und günstigste Option ist. Das zeigt doch: Klimaschutz kostet nicht nur Geld. Er bringt auch Geld. Und schafft neues „grünes“ Wachstum.
Das regionale Know-how ist extrem wichtig.“
Marie-Luise Wolff
Welche Rolle können auf einem solchen ,,grünen Wachstumspfad“ die regionalen Energieversorger spielen, die ja häufig öffentliche Unternehmen sind. Wären private Unternehmen im freien Wettbewerb nicht flexibler und schneller?
Marie-Luise Wolff: Ich würde hier keine Rangfolge sehen. Beide Unternehmensformen sind wichtig und beide müssen ihre Aufgaben lösen. In der Energiewirtschaft sind wir da gut aufgestellt. Wir haben die Netzebenen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Wir haben die traditionellen Großkonzerne, die sich wesentlich nach Wertschöpfungsstufen aufgeteilt haben. Wir haben die mittelgroßen Stadtwerke, deren zentrale Herausforderungen in den nächsten Jahren in der Wärmewende und dem Flexibilitätsmanagement von Strom und Wärme für die Ballungszentren liegen werden. Und gerade dabei ist das regionale Know-how extrem wichtig. Denn jede Region hat ihre Eigenarten in der Versorgung. Der Rhein-Main-Raum um Frankfurt hat beispielsweise diese Vielzahl an Großverbrauchern, die Rechenzentren heißen. Der Süden wird eine Vielzahl von PV-Anlagen zu managen haben, so wie es in Südspanien schon heute der Fall ist. Der Norden wird uns ein Riesen-Windangebot verschaffen. Und vielleicht richtet auch die Industrie künftig ihr Angebot daran aus, wieviel erneuerbare Energien an welchem Standort am besten zu bekommen sind. Wichtig ist dabei, dass der Versorger das ganze System seiner Region durchschaut und managen kann. Ob dazu jedes einzelne kleine Stadtwerk herangezogen werden muss, steht auf einem anderen Blatt.
Wir müssen die Art und Weise ändern, wie wir auf diesem Planeten leben. Und die Optionen dafür haben wir.“
Marie-Luise Wolff
Oder können wir unsere Probleme durch neue Technologien lösen? Zum Beispiel durch Geo-Engineering?
Karsten Schwanke: Das sehe ich äußerst skeptisch. Es gibt ja zum Beispiel die Idee, Vulkanausbrüche zu simulieren, indem man große Mengen Aerosole in die Atmosphäre bringt. Das reduziert wie ein Reflektor in der Atmosphäre die Erderwärmung. Aber: Wir wissen eben nicht wirklich, welche Folgen das in letzter Konsequenz hat. Dafür sind die Klima- und Wetterprozesse zu komplex. Aus meiner Sicht kann man vor solchen Experimenten also nur warnen.
Marie-Luise Wolff: Und es geht ja auch nicht darum, dass wir einfach so weitermachen wie bisher, weil wir vermeintlich einen Weg gefunden haben, die damit verbundenen Schäden irgendwie per Technologie zu kompensieren. Sondern: Wir müssen wohl oder übel die Art und Weise ändern, wie wir auf diesem Planeten leben. Und die Optionen dafür haben wir. Wind-, Wasser- und Solartechnologie müssen nicht erst neu erfunden werden. Sie funktionieren. Sie sind risikoarm. Und sie sind perspektivisch am billigsten. Lassen Sie uns doch einfach die Chancen nutzen, die darin stecken. Noch haben wir die Zeit.
Frau Wolff, Herr Schwanke – vielen Dank für das Gespräch.
Nachhaltigkeitsbericht
ENTEGA ist der Wegbereiter einer modernen Nachhaltigkeit in der deutschen Energiewirtschaft. Das Unternehmen hat ein umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement implementiert und ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele formuliert. Jährlich berichtet ENTEGA gemäß der Global Reporting Initiative auf dem Berichtslevel G4 core über seine Fortschritte. Mehr dazu finden Sie hier…
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